Naßdampf-Tenderlokomotive Gattung
preußische T3 „Schunter“
Technische Daten
Hersteller: Hanomag, Hannover – Linden
Fabrik-Nr.: 3653
Typ: Cn2t (preuß. T3)
Baujahr: 1901
Leistung: 250 PS
Betriebsdruck: 12 bar
Heizfläche: 60,6 qm
Wasser: 4 cbm
Kohle: 1 t
Höchstgeschw.: 40 km/h
Leergewicht: 21,5 t
Dienstgewicht: 29,1 t
Länge ü. Puffer: 8490 (8300) mm
Raddurchm.: 1080 mm
Druckluftbremse: Knorr GP m. Z
Lebenslauf unserer „Schunter“
Die Naßdampf-Tenderlokomotive gehört zur Gattung der preußischen T3. Dieser einst weitverbreitete Lokomotivtyp wurde zwischen 1882 und 1923 von verschiedenen Herstellern für die Königlich Preußische Staatsbahn und einige Privatbahnen für den gemischten Zugdienst und den Verschiebedienst gebaut.
Unsere Lok wurde im Jahre 1901 von Hanomag, Hannover-Linden für die Braunschweigische Landes-Eeisenbahn-Gesellschaft (BLE) gebaut. Sie entspricht dem preußischen Musterblatt „M III-4 e (1)“, besitzt jedoch anstelle der Reglerbuchse einen ein Meter hohen Dampfdom auf dem ersten Kesselschuß in Verbindung mit außenliegenden Einströmrohren, sowie ein Mannloch auf dem dritten Kesselschuß. Diese Anordnung war eine spezielle Eigenart mehrerer T3-Lokomotiven der BLE.
Die Braunschweigische Landes-Eisenbahn-Gesellschaft betrieb bis zu ihrer Übernahme durch die Deutsche Reichsbahn im Jahre 1938 ein umfangreiches Eisenbahnnetz im Raum Fallersleben – Braunschweig – Derneburg – Seesen. Insgesamt besaß die BLE 24 Lokomotiven des Typs T3.
Sie trugen neben der jeweiligen Nummer auch Namen bekannter Persönlichkeiten, Städte oder Flüsse. Unsere Lok Nr. 16 wurde zum Beginn des Baus der sogenannten „Schunterbahn“ Braunschweig – Fallersleben gebaut und wurde nach dem Flüßchen „Schunter“ benannt.
T3-Lokomotiven waren bereits seit der Eröffnung der BLE – Strecken vor Personen- und Güterzügen im Einsatz. In den zwanziger Jahren machten gestiegene Zugleistungen zunehmend leistungsfähigere Lokomotiven erforderlich. Die T3 wurden nach und nach verkauft oder verschrottet und durch größere Lokomotiven ersetzt. Nur noch zehn Maschinen kamen 1938 zur Deutschen Reichsbahn und wurden dort als 89 7531 bis 89 7540 eingereiht.
Die BLE Lok Nr. 16 wurde bereits 1930 an die Zuckerfabrik in Walschleben/Thüringen verkauft. Dort wurde sie bis 1939 zur Abholung von Güterwagen vom Reichsbahn-Bahnhof und im werksinternen Rangierdienst eingesetzt. 1939 verkaufte die Zuckerfabrik die Lok an die Firma Klöckner & Co, Abt. Bahnbedarf in Duisburg. Klöckner Bahnbedarf war ein großer Anbieter von Bahnzubehör. Die T3 wurde von dort an verschiedene Industriebetriebe in ganz Deutschland vermietet. Leider sind keine näheren Unterlagen überliefert, lediglich folgende Einsatzorte sind bislang bekannt:
1939 – 1943: Thüringische Zellwolle AG, Schwarza (Saale)
1944: Castrop Rauxel (Betrieb unbekannt)
1948: Grube „Düren“, Konzendorf
1949: Grube „Zukunft“, Weissweiler
1954: Zuckerfabrik Euskirchen
Am 2.10.1954 verkaufte Klöckner die Lok an den letzten Nutzer, die Zuckerfabrik Euskirchen. Hier war die Lok während den Rübenkampagnen überwiegend als Reservelokomotive im Einsatz. Sie war auf den Gleisen des Bahnhofs Euskirchen zugelassen. Die letzte Hauptuntersuchung erfolgte 1968. 1974 wurde die Lok endgültig abgestellt. Durch den Verkauf an die Arbeitsgemeinschaft Historische Eisenbahn e.V. konnte sie vor der Verschrottung bewahrt werden.
Nach der Instandsetzung durch Vereinsmitglieder wurde die Lok 1978 wieder in Betrieb genommen. Seitdem dampfte sie vor den historischen Zügen auf der Almetalbahn oder stand für Führerstandsmitfahrten zur Verfügung. Neben den Einsätzen auf der vereinseigenen Strecke war die alte Lok auch oft auf Reisen. 1983 zum 140jährigen Jubiläum der Bundesbahndirektion Hannover am Hbf Hannover. 1984 folgten Fahrten auf der Hildesheimer Hafenbahn. 1985 nahm sie als älteste Lok an den Fahrzeugparaden und Sonderfahrten anläßlich des 150jährigen Jubiläums der deutschen Eisenbahnen auf der Osthannoverschen Eisenbahn in Wittingen teil. Es folgten Fahrten zwischen Kreiensen und Kalefeld, in Sehnde, auf der ehemaligen BLE – Heimatstrecke zwischen Seesen und Rhüden und schließlich 1998 in Heiligenstadt / Thüringen.
Unsere Lok befindet sich auch nach ihrem 115. Jahr noch weitestgehend im Originalzustand. Bei der BLE vergrößerte man die Länge über Puffer durch den Anbau einer neuen vorderen Pufferbohle um ca. 19 cm. Zu Werkbahnzeiten wurde der Schornstein etwas verkürzt. Bei der Almetalbahn wurde 1978 eine elektrische Beleuchtung mittels dampfbetriebener Lichtmaschine installiert. 1980/81 wurde erneut eine Druckluftbremsanlage angebaut.
Die Lok hatte bereits zu BLE – Zeiten eine besessen. Im späteren Werkbahneinsatz war diese anscheinend zu wartungsintensiv und wurde durch eine einfache Dampfbremse ersetzt.
Seit 2001 steht die Lokomotive als erstes normalspuriges Schienenfahrzeug Niedersachsens separat unter Denkmalschutz!
Konnte die Lokomotive nach einem Langkesselneubau im Jahre 2006 wieder in Betrieb genommen werden, wurde sie 2016 aufgrund von Abzehrungen am Stehkessel von der Almetalbahn außer Betrieb gesetzt. Die technische und finanzielle Wiederinbetriebnahme ist gesichert und konnte im Herbst 2022 erfolgreich umgesetzt werden!
Seitdem ist die T3 „Schunter“ die älteste, betriebsfähige, normalspurige Dampflokomotive in Deutschland und die einzige T3 der ehemaligen BLE, die betriebsfähig ist.